Gesammelte Wanderabenteuer - Manuel Andrack

Gesammelte Wanderabenteuer – Manuel Andrack

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Zwei Bücher zum Preis von einem Buch? Na, ganz geht die Rechnung nicht auf, einzeln müsste ich in etwa 10 Euro berappen, doch im Doppelpack darf’s viel mehr Buch und etwas mehr Geld sein. Aber ganz dumm sind Verlagsmenschen ja auch nicht. Der Doppelpack enthält neben Manuel Andracks im Jahr 2011 im Berlin Verlag erschienenem Buch »Das neue Wandern« noch das im Laufe der Jahre sicher ähnlich wie der Autor gereifte »Du musst wandern«. Dieses Wanderbuch wiederum wurde bereits 2005 bei Kiepenheuer & Witsch veröffentlicht, hat also einige Jahre auf dem Buckel. Und in der »Wanderwelt [ist] einiges passiert«, wie Manuel Andrack im mit »neu« bezeichneten Vorwort anmerkt.

Das neue Vorwort ist gut und wichtig, sind doch zehn Jahre in unserer Zeit selbst bei einer der urdeutschen »Gemütlichkeit« nicht fernen Freizeitbeschäftigung wie dem Wandern eine kleine Ewigkeit. Manuel Andrack weist darauf hin, dass sich sein »Wander-Erfahrungsschatz enorm erweitert« hat. Als Konsequenz daraus bereut er beispielsweise sein damaliges Postulat, der Lieserpfad sei der »schönste Wanderweg der Welt«. Zwischenzeitlich sind ihm offenbar weitere »schönste« Wanderwege über den Weg gelaufen, die das im Nachhinein doch relativieren. Gut so, und schön auch, dass er das Vorwort nutzt, um dies und anderes darzustellen. Natürlich bezieht sich vieles davon aufs erstgenannte Buch, denn das Zweite, »Das neue Wandern«, ist ja aktueller.

Gesammelte-Wanderabenteuer
Weshalb er aber zu den Mountain-Bikern, die er später im Buch als »Wald-Hooligans« benamst, fürderhin schweigen will wie ein Grab, ist mir rätselhaft. Wenn man etwas nicht mag, kann und sollte man es benennen – hat er ja auch getan -, die von ihm so benannte »Hass-Mail eines Mountain-Bikers« muss man dann natürlich in Kauf nehmen. Und abheften unter »Spacken sind immer und überall«.

Schön auch der Abstecher zum Deutschen Wanderinstitut und dem Deutschen Wanderverband. Die Konkurrenz hat sich mir als Außenstehendem vorher gar nicht erschlossen. Andracks Appell – »entspannt euch mal« – klingt vernünftig, vermutlich zu vernünftig. Vielleicht hilft eine längere Waldwanderung. Darüber hinaus ist es dem gemeinen Wanderer ja wirklich schnurzpiepegal, welches Institut oder welcher Verein sich um den Wald kümmert, wichtig ist ihm, was hinten rauskommt, um »auf tollen Wegen unvergessliche Wandermomente [zu] erleben«.

Und letztlich ist ja übers Vorwort hinaus auch für den Leser wichtig, was hinten nachkommt. Zwei Bücher also, den Anfang macht natürlich »Du musst wandern – Ohne Stock und Hut im deutschen Mittelgebirge«. In 11 Beiträgen erwanderte Manuel Andrack die besagten Mittelgebirge, eingeleitet mit einer Wanderkarte (wo es angebracht ist), die zwar nicht zum Nachwandern geeignet ist, aber eine Übersicht über die Wegstrecke und die markanten Orte gibt und weitere Anmerkungen aufführt. Den Anfang macht der oben erwähnte Lieserpfad, eine Wanderstrecke, die er im Juni 2004 gemeinsam mit seinem Vater lief. Und an diesem Bericht lässt sich auch wunderbar ablesen, was den Leser in den folgenden Beiträgen erwartet.[tip]

•    Gesammelte Wanderabenteuer
•    Autor: Manuel Andrack
•    Verlag: Malik National Geographic
•    Erscheinungsjahr: 2013
•    Seiten: 514
•    Besonderheiten: 24 farbige, 90 SW-Fotos und 20 Karten
•    ISBN: 978-3-492-40532-4
•    Verkaufspreis: EUR(D) 14,99
•    Format: 18 x 12,0 x 3,6 cm

[/tip]

 

Kleiner Ausflug zu Amazon: Da flaniere ich gern, besonders der sogenannte Parcours mit den »Kundenrezensionen« ist oft kurzweilig und bietet Entspannung und Amüsement (was ich aus eigener schriftstellerischer Erfahrung weiß). Wenn ich ein Buch bespreche, schaue ich dort hinein. Manchmal vorher, manchmal nachher, manchmal (so wie jetzt) zwischendurch. Manchmal auch gar nicht, wenn ich sowieso schon gute Laune habe. Einmal abgesehen davon, dass – neben den ernstzunehmenden Besprechungen – das mit den getürkten Rezensionen oder auch den gehässigen, von sogenannten Autorenkollegen natürlich unter sinnfreien Namen verfassten Besprechungen sicher nicht von der Hand zu weisen ist, sind auch die möglicherweise »authentischen« Rezensionen (manche nennen sie »Rezessionen«; vielleicht stammen diese Leser noch aus den Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs, und sie ziehen in ihren ganz persönlichen Rezessionskrieg gegen den Autor …) oft eine Quelle zum … tja, Nachdenken. Bei Manuel Andracks Büchern dachte ich darüber nach, für wen seine Wanderbücher denn eigentlich gedacht oder vielleicht geeignet sind. Denn einige der Rezensenten echauffieren sich darüber, er bringe doch gar nicht das Gefühl für die Ruhe, Stille, den erholsamen Wald, all das Naturnahe, das Schöne, Gute und womöglich Edle rüber.

Es ist ja auch dieser Zwiespalt eines Autors: Schreibe ich für mich, oder schreibe ich für die Leser. Wer vom Schreiben leben und nicht am Hungertuch nagen will, schreibt besser für die Leser. Erfolgsautoren wie Dan Brown oder Preston/Child machen es im Thriller-Genre vor, auch Sachbuchautoren orientieren sich am Publikum, damit sie gelesen werden. Und trotzdem, zwangsläufig dem Massengeschmack oder den Leserlaunen hinterherlaufen muss man auch nicht. Manuel Andrack trifft vielleicht nicht den Geschmack von wirklich jedem (wobei die Amazon-Besprechungen täuschen können, denn sie sind ja keineswegs repräsentativ, im Gegenteil, mein Eindruck ist oft, dass die lautesten Krakeler, die andere in die Tonne treten wollen, am aktivsten sind), aber im Falle von »Gesammelte Wanderabenteuer« meinen. Und wer mit seinem Schreibstil nicht parat kommt, sollte sich mal überlegen, ob er nicht Opfer der eigenen Bequemlichkeit wurde. Es ist doch noch immer so: Ich kann meinen Hintern hochwuchten, mich auf den Weg in die nächste Buchhandlung machen, das fragliche Buch dort durchblättern und anlesen – und dann entscheiden. Bücher der Bestsellerautoren liegen nun wirklich überall aus.

Wer meine Schlenderer-Berichte liest, weiß bei den beiden Büchern in etwa, was auf ihn zukommt. Nicht immer die akkurate Wegebeschreibung, ein nachgehbares »52 Meter geradewegs geradeaus, dann scharf links am getupften Hausschweinchen vorbei – bitte nett grüßen! -, das Wegeschild lassen wir links liegen, den allerfeinst bemulchten Trampelpfad rechts nehmen wir mit frischem Elan« und so weiter. Wer so etwas sucht: »Gehen Sie bitte weiter zu den Wanderführern, dort werden Sie gut bedient.« Andrack erzählt anders.

Manchmal liest sich das dann sehr launig, manchmal streut er Bonmots ein oder »lockere Sprüche«, alles in einem leichten, gefälligen Tonfall, bei dem die Seiten unter den Fingern nur so dahinfliegen. Wie ein Wanderweg, der so schön ist, dass er sich fast von selbst geht. Das kann man mögen, muss man aber nicht – nur sollte man sich entweder darauf einlassen können (so wie ich), oder gleich die Hände davon lassen. Für »Das neue Wandern« bietet Amazon die Funktion »Blick ins Buch« an. Wer also unsicher ist, ob er mit Manuel Andracks Erzählweise warm wird, spinxt am besten dort hinein, oder blättert sich in der Buchhandlung durchs Buch.

Natürlich sind gute Wanderberichte »persönlich«, erzählen mir also nicht nur etwas über die Qualität der erwanderten Route und über die Güte der Gaststätten, sondern gewähren mir auch einen Blick ins Leben oder, wie beim Lieserpfad, in die Familie des Autors. Wobei Manuel Andrack dies behutsam macht, mir nicht von Dingen berichtet, die mich nun gar nicht interessieren oder besser nie gesagt oder niedergeschrieben worden wären. Wenngleich der Leser eines Wanderbuches ja auch ein Schaumensch ist, ein Voyeur, der mit teilhaben möchte am Leben eines anderen. Denn die Frage stellt sich ja: Warum lese ich ein Buch, in dem ein anderer, mutmaßlich prominenter, mir aber persönlich gänzlich fremder Mensch von seinen Erlebnissen im Wald und auf der Heide berichtet? Bin ich nicht in der Lage, selbst die Wanderwege zu gehen und mir selbst einen Eindruck zu verschaffen?

Ich mag es zu lesen, was andere auf Wanderwegen erlebten, die ich vielleicht mit eigenen Füßen betreten habe oder die ich demnächst/eines fernen Tages erwandern möchte. Quasi ein Austausch von Ansichten über etwas – und einhergehend mit den abnehmenden Mitgliederzahlen der Wandervereine vielleicht ein Indiz dafür, dass der (deutsche) Wanderer sich über seine Freizeitaktivitäten austauschen möchte. Wenn schon nicht im organisierten Verein, dann doch nachlesend oder selbst schreibend. Wie beredt der Wanderer als solcher ja ist, auch wenn er das Schweigen im Walde eigentlich liebt, belegen die wie Keimlinge aus dem Boden schießenden Wanderblogs. Die wiederum stehen nicht wie ein Männlein im Wald einsam herum, sondern leben auch von der Kommunikation, dem Austausch mit anderen Wanderern, sichtbar beispielsweise an den Kommentaren.

Über den gewöhnlichen Wanderführer hinaus scheint der Wanderer also ein Bedürfnis nach Austausch zu haben, am Teilen des Erfahrungsschatzes. Ein Kaufanreiz ist dann natürlich immer der Bekanntheitsgrad eines Autors – so wie Boris Becker seine noch immer treuen Fans und Leser hat, so hat auch Manuel Andrack seine Leserschaft (blödes Beispiel, und ich bitte Manuel Andrack um Entschuldigung für den Vergleich).

Und vielleicht lese ich auch deshalb Berichte wie den ersten über den Lieserpfad gern. Andrack mit Vater unterwegs, bebildert und abgerundet mit einigen Angaben zum Wanderweg. Andere Beiträge beschäftigen sich mit der Ausrüstung (»Wanderstöcke – Im Mittelgebirge alberner Wanderschnickschnack« – dazu gibt es eine »neue Version« im erwähnten neuen Vorwort), mit dem Rothaarsteig und dem Goetheweg (umgarnt mit heiteren Bemerkungen), eine Tour mit Kind und ohne Kegel durch die Baybachklamm und die Ehrbachklamm im Hunsrück mit Tipps, wie man Kinder bei Laune halten kann, der vorgenannte Beitrag zu den Mountain-Bikern, eine Wanderung zurück in die Kindheit und hoch auf den Brocken (samt Fotos vom »kleinen« Manuel) …

Genug Lesestoff, um das schlechte Wetter draußen gegen ein Füße hochlegen am heimischen Kamin einzutauschen. Aber es ist noch nicht genug, denn gleich im Anschluss folgt »Das neue Wandern – unterwegs auf der Suche nach dem Glück.«

Ein neues Vorwort ist hier überflüssig, das Buch ist ja noch frisch. Der ersten Geschichte »Wandern extrem: 82 Kilometer« hatte ich im Rahmen einer kleinen Lesung auf dem »Traumpfad Eltzer Burgpanorama« gelauscht, mit ihr weckte Manuel Andrack auch mein Interesse am Buch. Gemeinsam mit Thorsten Hoyer wanderte er einen Tag und eine Nacht im Westerwald. Das hörte sich bei der Lesung schon gut an – und las sich demzufolge auch gut. Da spüre ich gleich die Mühsal, um nicht zu sagen Schmerzen mit, und wie es irgendwann gar nicht mehr richtig laufen will – trotz Gigalux-Stirnlampe.

Nach Anmerkungen zum »neuen Wanderer«, unterfüttert durch wissenschaftliche Studien (gut, dass es nun auch für Wanderer die passenden Schubladen, vermutlich Eiche brutal, gibt), begleitet er Dr. Brämer vom Deutschen Wanderinstitut auf seiner Planungsreise in die Eifel; zum Abschluss gibt es ein Praktikumszeugnis und für den Leser die Erkenntnis, dass viele Wege zum Ziel führen, aber nicht alle das Gelbe vom Ei sind. Mit der folgenden Liste der Top Zwanzig Premiumwege kann ich mich übrigens anfreunden, jedenfalls soweit es die mir bekannten Wege betrifft (warum vermisse ich auf der Liste den »Monrealer Ritterschlag« nicht?)

Danach werden zur Abwechslung Schneeschuhe unter die Hufe geschnallt. Sicher auch ein neuer Trend, dem aber auch mich willenlos ergebe – Manuel Andracks Erzählung stellt sich als schöne Einstimmung dar. Anders gesagt: Wer wandert, sollte auch mal Schneeschuhe unterschnallen.

Wieder in die Wegeplanung führt »Der Waldsaumweg muss zum TÜV«. Gehört für mich in die Rubrik »will ich wissen«, wie nämlich ein Wanderweg (in diesem Fall) nachzertifiziert wird.

Mal etwas weniger Erbauliches für den Autor lese ich bei der »Hollen-Tour«, untertitelt mit »Nachtwanderung und Wanderolympiade«. Oha, Olympiade schreit nach Wettbewerb, »Wanderfestival« nennt es sich genau. Und so ähnlich liest es sich dann auch, wobei wohl auch die Nachtwanderung kräftig in die Hose gegangen ist. Dafür habe ich als Leser mein Vergnügen …

Über eine Wanderung mit dem Wanderverein Oberboihingen, »Wandern ist sehr gesund – Aber was ist die richtige Wanderglück-Dosis?« und »Fast Fastenwandern« hangele ich mich zu »Das neue Wandern als Geschäft«, in dessen Mittelpunkt eine von Manuel Andrack geleitete Mehrtageswanderung durch die Eifel steht, eingesponnen in Bemerkungen zu Wandertourismus und Reiseveranstaltern – was im folgenden Beitrag »Wanderglück aus dem Katalog« auch gleich wieder aufgegriffen wird. Motto hier: Dinge, die niemand braucht und trotzdem jeder will.

Wer es exotischer mag, wird sich über die vier nächsten Wanderberichte freuen. Westsahara, Schottland, Mallorca, Paris sind die (Fern-)Ziele, wobei ich mich nicht des Eindrucks erwehren kann, dass ihm nur Paris als Wanderparadies gefallen hat. Erstaunlich, wo doch viele zumindest von Schottland oder Mallorca schwärmen, schön, eine andere Sicht der Dinge zu lesen.

Dem Ende nähere ich mich mit »Warum Wandern glücklich macht – ein kurzer Ausflug in die Wanderpsychologie«. 10 Faktoren, die glücklich oder unglücklich machen, führt er aus, denen ich fast durchgängig zustimmen kann. Und mit seinem Fazit spricht er mir auch aus der Seele: »Während noch allerorten, vor allem in der Politik, das wirtschaftliche Wachstum als Allheilmittel gefeiert wird, schlendern schon immer mehr ‚neue‘ Wanderer glücklich durch die Wälder und Felder der deutschen Mittelgebirge.«

Nach einem kurzen Beitrag zum angesagten Pilgern schließt Manuel Andrack sein Wanderbuch mit einer kleinen, sehr persönlichen Episode ab, Untertitel: »Der Wanderer und die Liebe.« Mehr sage ich nicht dazu.

Ach, und die Beiträge werden meist mit einer Bewertung abgeschlossen, immer abgestimmt auf die Besonderheiten, ersichtlich an Bewertungspunkten wie Sportfaktor, Abenteuerfaktor, Nervfaktor oder Verliebtheitsfaktor (bei welchem Beitrag wohl?)

Mehr als 500 Seiten Wanderabenteuer – ein ziemlich dicker Brocken, der aber gut in der Hand liegt und sich locker-flockig liest. Das liegt einerseits natürlich an den Themen, die immer mein Interesse gefunden haben, auch wenn sie jenseits meiner Wanderrouten liegen (siehe Westsahara). Andererseits fließen Manuel Andracks Worte leicht dahin, da erzählt er selbst dort anschaulich und unterhaltsam, wo es um knochentrockene Wanderstudien oder Zertifizierung geht. Kein Wunder also, dass ich beide Bände über die Weihnachtstage in einem Rutsch gelesen habe. Das kann jeder anders sehen, doch wer sich öfter in Wanderblogs umschaut und Wanderberichte auch mit einem kräftigen Schuss persönlichen Eindrücken mag, der sollte einen Blick hineinwerfen. Und dann entweder das Buch zurücklegen – oder sich mit auf die kleinen Fluchten in die Wälder und auf die Wiesen (und in die Wüste) begeben.

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