"Traumpfad Pellenzer Seepfad" oder: Jetzt hat er sie alle

„Traumpfad Pellenzer Seepfad“ oder: Jetzt hat er sie alle

Nicht, dass Zweifel aufkommen: Ich hatte sie auch vorher noch alle. (Wobei natürlich das Selbstbild ein anderes sein kann als das Bild, das sich andere von einem machen.) Aber jetzt hab ich sie wirklich alle. Ich sag nur: 26.

Es hat, muss ich zugeben, keine sehr große Bedeutung, es wird auch nicht die Welt verändern und nicht einmal dazu führen, dass in irgendner Ecke der Welt irgendwas umfällt. Vielleicht habe ich auch deswegen so lange gewartet, bis ich mir die besagte 26. Kerbe in dem Wanderstab aus Wurzelholz ritzen kann: Ich werde dann kein Ziel mehr vor Augen haben. Doch als mir mein Freund KD neulich mit sehr ernster Miene sagte: „Ich hab sie alle!“ (woran ich natürlich nie zweifelte) und mit der bösen bösen Frage nachlegte: „Und du?“, kratzte das echt an meinem Wanderer-Ego. Der KD hat sie alle – und ich nicht! Ein Zustand, den es zu korrigieren galt, und ganz John Wayne entgegnete ich cool: „Der Tag wird kommen.“

"Traumpfad Pellenzer Seepfad" oder: Jetzt hat er sie alle

Nischengrabmal am Ausgangspunkt.

Ein geschickter Schachzug, denn wann der Tag kam, lag jetzt allein in meinen Händen. Oder Füßen. Und heute war der Tag. Der weniger geschickte Schachzug (quasi ein Eigentor) war: Es sollte wie die vergangenen beiden Tage über 30 Grad warm … nein, heiß werden. Ach, was sag ich, es sollte der heißeste aller heißen Tage sein. Und ich (sehr schlau, Herr Müller!) suche mir also diesen Weg aus, der mich an einem siedenden Vulkan entlang, wenn nicht sogar tief in seinen Schlund hineinführt. Wie sagte ein mir namentlich bekannter, sehr naher Verwandter: Das Alter hält einige Überraschungen für dich bereit. Dass er damit auch Verblödung meinte, wusste ich nicht.

[tip]KurzInfos! Diesmal halte ich mich kurz, denn die Traumpfade-Seite hält alle wichtigen Informationen in übersichtlicher Form bereit: Pellenzer Seepfad. Nur kurz zum Einstieg: Der „Pellenzer Seepfad“ ist 16 Kilometer lang, weist 594 Höhenmeter auf und wird als „schwer“ eingestuft; als Gehzeit werden 5 Stunden 45 Minuten angesetzt.

Obwohl der Traumpfad vorzüglich ausgeschildert ist, empfehle ich für die Wanderung beispielsweise die unten aufgeführte Wegekarte, die bei Outdooractive eingebunden ist; sie entspricht der Karte, die über die „Traumpfade“ abgerufen werden kann. Über den Klickpunkt “drucken” stehen Optionen zur Auswahl, wie detailliert die PDF sein soll – am besten einfach ausprobieren, herunterladen und dann entscheiden, welche Version man bevorzugt. GPS-Tracks können ebenfalls abgerufen werden. Und die Karte kann mit Hilfe des Reiters über dem Kartenbild in unterschiedlichen Ansichten (beispielsweise bei “Google Earth”) betrachtet werden.

[/tip]

Bevor ich losfahre, fange ich an zu schwitzen. Unwillentlich. Die Klimaanlage gibt ihr Bestes, doch die Hitze legt immer eine Schippe drauf. Zum Glück bin ich aus familiären Gründen sehr zeitig unterwegs, sodass ich nach einem schweißgetränkten Zwischenstopp beim Bäcker („oh, so früh – die Brötchen sind noch schön warm!“) in Nickenich einlaufe. Nackesich ist mir in dem Moment lieber gewesen.

Der Startpunkt ist von meiner Heimat nicht einmal 15 Kilometer entfernt; ein weiteres i-Tüpfelchen zum Mysterium, warum dieser Traumpfad so lange auf mein Dasein (oder jetzt: hiersein) warten musste. Näher geht’s ja kaum. Ich halte also am Tumulus, steige aus, schüttele mein Haupthaar aus und beregne die Blümchen und Büsche reihum mit meinem Schweiß. Selbst die sonst so kühle Eifel hat sich verschworen: Heute heizen wir dem Schlenderer mal so richtig ein.

Und wie geht das am Schnellsten? Schickt den Mann hoch, hinein in den Hang, auf dass ihm der Schweiß die Arme und die Beine benetzt und den dicken Bauch dazu. Wenn ich derart aufs Korn genommen werde, suche ich natürlich nach Lösungen. Eine davon ist jetzt Verpissen. Geht aber nicht, ich muss heute die 26 vollmachen. Eine andere Lösung ist immer: Such eine Bank, einen Baumstamm, eine sanfte Wiese. Setz dich hin und tu so, als ob du etwas unvorstellbar Tolles vollbracht hast.

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Aschewand.

Ein Schild winkt mir beim gemächlichen Aufstieg zu: „Hermann-Hütte“. Bevor ich das Schild noch voller Dankbarkeit küsse, ziehe ich vorbei an einer der eindrucksvollen Aschewände. Die zeugt vom vulkanischen Ursprung dieser ganzen Region, der bis in die letzten Jahre, wenn auch stark nachlassend, vielen Menschen Lohn und Brot gab. Der Weg läuft Bäumen und an Wiesen entlang, schenkt mir also ab und an sogar Schatten, bis ein weiteres Schild auf einen kurzen Abweg vom Traumpfad hinweist. Dorthin geht es zur Hütte.

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Morgendunst.

Und dort empfängt mich ein grandioser Ausblick über die Pellenz, und wenn auch die flirrende Hitze mehr Dunst als nötig erzeugte, sehe ich mehr als genug, um mich erst einmal entspannt Wasser abgebend hinzusetzen und das erste leichte Gebäck des Bäckers (noch immer lauwarm) zu verzehren. (Wer mir noch eine Thermoskanne mit brütend-heißem Kaffee einpackte, weiß ich nicht, aber vermutlich war ich es selbst in einem Anfall der Selbstkasteiung.)

Schwitzen und Schmatzen ist eins, doch in den kurzen Momenten, da meine Kontaktlinsen nicht im körpereigenen Wasser hin- und herschwimmen, genieße ich wirklich das, was sich wie ein unendlich weiter, mit gedämpften Farben gesprenkelter Teppich vor meinen Füßen ausbreitet. Dumm ist natürlich, dass diese wundervolle Bank in der prallen Sonne steht; dafür kann niemand etwas – außer dem, der die Sonne grad so blöd aufgehangen hat. Den kurzen Abweg vom Traumpfad darf aber niemand verpassen, Sonne hin oder her.

Zurück auf den Traumpfad, weiter auf breiten Wegen zwischen Sträuchern, Hecken und Büschen, dann und wann unterbricht ein Wäldchen die, na, jetzt sag ich’s doch, Industrie-Idylle. Letztens las ich, wie sich jemand über Verkehrsgeräusche beklagte. Also … ich bin ja wahrlich kein Freund von Autolärm, und wenn mir auf einem Wanderweg wie dem Hügelgräberweg die Autobahn so nahe kommt, dass mir die Fahrer ihre Kippen ins Gesicht schnippen können, werde auch ich grantig.

Doch hier sind wir in einer Region unterwegs, die bis in die hinterste Nische von Industrie geformt ist. Ich wundere mich sowieso, wie die Traumpfade-Gestalter überhaupt schmale Pfade finden konnten. Als Kinder mussten wir – Weißenthurm liegt nicht weit entfernt – froh sein, wenn wir nicht von Bimslastern überrollt wurden. Der Lärm gehört dazu, mir gefällt es ebenso wenig wie jedem (oder den meisten) anderen.

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Bimsgrube am Eppelsberg.

Eine Möglichkeit wäre natürlich, die Autobahnen, Bundesstraßen und gut ausgebauten Landstraßen wieder rückzubauen und die Bewohner der Region auf Tretrollern zur Arbeit brettern zu lassen. Immerhin fahren wir Städter ja zur Erholung aufs Land, damit wir das, was wir in der Stadt selbst produzieren, dort nicht auch erleben. Heile Welt ist am einfachsten dort, wo ich nicht selbst dafür sorgen muss. Spätestens seit der Erfindung der Dampfmaschine ist aber Schluss mit lärmfreien Zonen dort, wo sich in den vergangenen Jahrhunderten Industrie breitgemacht hat. Der Traumpfad wird davon nicht verschont, und deshalb akzeptiere ich den Verkehrs- und Industrielärm, der mich auf einigen Stücken des Weges wie ein verlässlicher Partner begleitet. Wer sich damit nicht arrangieren kann, lässt die Füße von diesem Weg – dann spart er sich das spätere Jammern auf hohem Niveau.

Mich fasziniert auch die Bimsgrube, die ich am Eppelsberg sehe. Liegt ja in der Familie, mein Opa war Bimsfahrer, und in meiner Kindheit durfte ich ein paar Mal im Laster mit in die Bimsgruben fahren. Eine Informationstafel wäre hier ganz schön, auf der etwas zum Bimsabbau in der Pellenz und im Neuwieder Becken erzählt wird. Nicht alles muss man sich im Nachhinein ergoogeln, vor Ort darf es auch mal informativ hergehen.

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Krufter Waldsee.

Weiter geht’s durch locker aufgestellten Mischwald zum Krufter Waldsee. Ich bin so früh dort, dass mich keine Menschenseele stört, doch baden will ich nicht, auch wenn das kühle Wasser „trau dich!“ ruft. Nach Plan aber steht mir ein Anstieg bevor, und den will ich hinter mich bringen, bevor mir der Schweiß die Socken aufweicht. Ein Tipp bei diesem Wetter: Jetzt, auf der Strecke zum Anstieg, den Wasserstand ordentlich ansteigen lassen, damit der Körper später etwas zum Saugen hat.

Der Experte für Outdoor und Touren___________________________________________________________________________________________________

An einer weiteren Aschewand geht’s vorbei, dann ruft der Berg. Und wie! Ich liebe diese ordentlichen Anstiege, die lassen mich spüren, dass sogar ich noch einigermaßen geschmeidige Muskeln habe.

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„Rot“ für die Bergziegen, „blau“ für die Flachlandgämsen.

Nur bringt das Alter es wohl mit sich, dass die Pumpe etwas rascher als früher auf Hochleistung schaltet. Anders gesagt: Es geht voran, aber ich spüre dabei, was ich tue.

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Der Einstieg zum Aufstieg.

Ehrlich herrlich. Und oben erst! Ach, zuvor gilt es, eine Entscheidung zu fällen. Hopp oder top. Eine Schleife um den Krufter Ofen herum und dann im gemächlichen Schritt hinauf. Oder die „alpine“ Variante, halt steiler hinan auf schmälerem Pfad. Kürzer hört sich gut an, ich wähle also Schild A und mache mich auf. „Mutter, der Berg ruft“, oder vielmehr die „Teufelskanzel“, die mich fauchendes Menschlein, wenn sie’s denn könnte, mit einem breiten Grinsen begrüßen täte, als ich endlich oben ankomme.

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Immer an der Wand lang … dabei führt der vorgesehene Traumpfad gar nicht da entlang.

Unbegrüßt lehne ich mich am Geländer weit nach vorne, nicht um mich hinabzustürzen – es geht arg weit hinunter, der Krufter Ofen ist immerhin 463 Meter hoch, und die Teufelskanzel liegt nicht weit entfernt vom Scheitelpunkt -, sondern um so viel wie möglich von dem Panorama aufzufangen. Über die Pellenz wandern die Augen, hinüber dann und tiefer in die Eifel, danach zur anderen Seite ins Neuwieder Becken, wo noch immer der Kühlturm das markante Zeichen ist, an dem man sich seit Jahren orientieren kann.

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Die Pellenz.

Genug ist dann genug: genug Anstieg, genug Ausblick. Gemächlich geht es nun voran, vorbei an weiteren grandiosen, fast grandiosen und so-gut-wie-grandiosen Weitsichten, vorbei auch an einer weiteren Schutzhütte, die ich aber ignoriere. Der Laacher See steht an, und weil es so zügig und locker bergab geht, lasse ich die Füße einfach mal rollen.

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Sand unter den Füßen, die Abtei fest im Blick …

Die rollen dann bis in Ufernähe, links hebt sich das Kloster Maria Laach mit seinen charakteristischen Türmen in die Höhe, rechts breitet sich der Laacher See aus. Zwischen Feldern und Wiesen und über gut befestigte Wege nähere ich mich dem See. Jetzt wird es auch voller, wenn auch verhalten. Doch wie immer, wenn wir früher um den See spazierten, begegnen mit auch heute Jogger, Läufer, Biker, Walker, Hiker und Speed-Schlenderer. Wenn ich einen solchen See vor der Haustür hätte, täte ich auch Drumherum laufen. Ich jedoch bremse mein Tempo.

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Blubberwasser (doch Vorsicht: Unbedingt den Begleittext weiter unten beachten!)

An einer Tischsitzgarnitur älteren Modells werfe ich mir eine zweite Brotzeit ein, kurz danach verlasse ich den regulären Traumpfad, um einige wenige Schritte auf schmalem Geläuf hinunter ans Ufer zu treten. Für die nächsten 100 oder 200 Meter gehe ich auf dem ausgetretenen Weg, den Traumpfad zwar in Sichtweite, aber von da oben sieht man ja nun gar nicht das, was ich sehen will. Und was sich niemand entgehen lassen sollte. Also darauf achten: Links hinab ans Ufer, dann dem Pfädchen folgen, ab und zu mal ins Wasser gucken und auf die Blasen achten. Da brodelt es nämlich, Gase steigen auf und künden davon, wie gefährlich der See in Wirklichkeit ist.

Ja, wirklich gefährlich! Der Laacher See wird nämlich in die Luft fliegen, das kann jederzeit passieren. Die Vorhersagen sind ähnlich verlässlich wie die Wetterberichte, weshalb man vorsichtig sein muss. Also Obacht, wenn man sich zum Wasser hin neigt, um die kleinen Bläschen zu betrachten. Aufgemerkt und gut hinhören, wenn das Blubbergeräusch lauter wird und die vielen Entchen auf dem See verstummen. Weitere Anzeichen drohender Gefahr sind plötzlich aufklaffende Erdspalte; nach meiner Erfahrung besteht höchste Sorge bei einer Spaltenbreite ab einem Meter! Wie man sich da verhält, ist sonnenklar. Flach auf den Boden werfen und den Rucksack über den Kopf halten! Duck and Cover! Sofort!

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Banger Blick auf den noch friedlichen Laacher See.

Ich habe unglaubliches Glück, denn nichts brodelt und gluckert verdächtig. Etwas eiliger als gewöhnlich mache ich mich wieder auf. Mir steht der Angstschweiß förmlich auf der Stirn. Nicht wegen des Vulkanausbruchs (es gibt Schlimmeres!), sondern wegen der Frage: Wenn ich jetzt sozusagen unten im Vulkan bin, also am Grund, und wenn ich den Vulkanschlot sozusagen verlassen möchte – was muss ich dann tun?

Tja, den Vulkan hinaufsteigen, schwante mir. Und wirklich, die Schöpfer dieses Traumpfads haben sich nicht lumpen lassen. Womöglich haben sie gerade heute, wo es doch so wohl temperiert ist, ein paar Meter oben drauf geschippt. Jedenfalls klettere ich bergan … und bergan … und wenn du denkst, jetzt bist du oben, geht’s nochmal bergan. „Quäl dich, du Sau!“, ruft mir eine innere Stimme zu, und ich antworte (keuchend): „Ihr habt gut reden, ihr ward ja gedopt!“

Auf 500 Metern Strecke sind’s 100 Höhenmeter, die mir da aufgetischt werden; eine kletterische kleine Zwischenmahlzeit, die bei mir zur Schnappatmung führt. Und zu einem dankbaren Blick auf die Traumbank, die ich sofort besetze. Wasser abschüttele. Wasser einschütte. Mir Gedanken darüber mache, was eigentlich gegen das Nacktwandern spricht. Und wo denn, bitte schön, das Bächlein war, weswegen meine Wanderschuhe jetzt glitschnass sind. Da war doch keins …

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Keltischer Baumkreis.

Ein Blick auf die Wanderkarte zerstreut meine Trübsal schnell. Von nun an geht’s bergab. Ich ahnte das zwar schon länger, doch irgendwie freue ich mich. Immerhin gehe ich weiter durch nicht zu dichten Wald, der mir gut Luft zum Atmen lässt. Nur am Keltischen Baumkreis schnappe ich nochmal gierig nach Luft. Man denkt ja, ein Baumkreis böte Schatten, schöne, ausladende Schattenbäume, unter dem man die Seele baumeln lassen kann.

Die Bäume beim Keltischen Baumkreis wurden anscheinend erst vor wenigen Minuten angepflanzt, die Gärtner habe ich wohl gerade verpasst. Trotzdem mache ich die Runde durch den Jahreskreis, suche den zu mir gehörenden Stein und lese dort, dass mein Geburtstag für das Lebensmotto „Ich will Geborgenheit!“ steht. Passt, denn jetzt weiß ich endlich, weshalb ich mich in den Schoß von Vater Staat begab und Beamter wurde. Geborgenheit. Nur das Bäumchen, das dabei steht, sieht mir auf den ersten Blick wie der gemeine Kümmerling aus, klein und schwach. Die Tafel weist mich darauf hin, es handele sich um einen – also: meinen – Nussbaum.

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Heimelige Heimschule am Wegesrand.

Und weil ich die »Würze im Leben« suche, wie mir erzählt wird, packe ich einen Müsliriegel aus, verlasse den Baumkreis und wandere über gut ausgebaute Wege am Heimschule vorbei. Das steht seit Jahren verlassen in der Landschaft herum und kommt mir bekannt vor. Daheim werde ich googeln, weil ich vor einiger Zeit Fotos davon auch in Fotoforen entdeckte, die sich auf, ich sag mal, verschrobene, aber für Fotosessions geeignete Orte fokussieren. Nur wusste ich bis heute nicht, wo diese Heimschule genau zu finden ist. Jetzt weiß ich es. Die Fotos wurden mir in die Hände gespielt, denn natürlich prangt ein „Betreten verboten“-Schild am Gemäuer.

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Sogenanntes „Hundertwasser-Klassenzimmer“ in der Heimschule.

Noch einmal genieße ich einen weiten Blick, diesmal über das Brohltal. Die Olbrück reckt sich empor, die sieht man wie den Krufter Ofen wirklich aus vielen Blickwinkeln, wenn man in der Region wandert.

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Wenn man genau hinschaut, sieht man in der Mitte die Olbrück. Ja, okay, ich erkenne sie selbst nicht.

Meine letzte Mahlzeit, fast zur Mittagszeit, hätte ich gern hier eingenommen, doch die rustikale Tisch-Bank-Kombination steht so was von mitten in der Sonne – da käme selbst der Teufel ins Schwitzen. Und deshalb vermisse ich auch eine der bei mir (und nicht nur bei mir) sehr beliebten „Genusstische“, wie andere Traumpfade sie aufweisen. Irgendwo am Ende der Tour, so zwischen Kilometer 12 und 14, geborgen und geschützt unter Bäumen, die es ausreichend oft gibt.

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Frühzeitliches Wegesymbol: ein keltischer Baumträger (69 v. Chr.)

Mit solchen Wünschen trampele ich weiter den Weg hinunter, stoße mit den Füßen an die ersten Häuser von Nickenich, um mich wieder vom Ort zu entfernen. Die Hitze hat mich jetzt voll erwischt, und während ich also innen austrockne und außen entsafte, rutsche ich die letzten Meter bis zum Tumulus hinab und sinke dem Tumulus erschöpft in die Arme.

Bloß zwei Anstiege hat der „Pellenzer Seepfad“, aber die haben es in der Tat in sich. Die Kondition sollte gut ausgebaut sein, denn hier liegen die knapp 600 Höhenmeter fast gesammelt auf einem Haufen. Sonst aber gleiten die Schuhe schön übers Gelände. Mit vielen schmalen Pfaden wartet der »Pellenzer Seepfad« natürlich nicht auf, aber Wandern ist kein Wunschkonzert, und die ach so beliebten naturnahen Pfade sind in dieser Region eben mehr Mangelware als die Regel.

"Traumpfad Pellenzer Seepfad" oder: Jetzt hat er sie alle

Tumulus, der sich meiner Umarmung verweigerte.

Die Panoramablicke sind grandios, und man bekommt davon mehr als genug. Wenn man bei jeder Ausschau verweilte, sich vielleicht sogar hinsetzte, käme man gar nicht mehr ans Ziel. So aber sollte man auf jeden Fall fünf Stunden veranschlagen, je nach Tempo darf es auch etwas mehr sein. Den Laacher See muss man natürlich, soweit man in unserer Gegend ist, einmal gesehen haben (mindestens), doch bitte bitte: nicht am Sonntag oder an einem Feiertag! Wir sind mittlerweile ganz davon ab, uns dies anzutun; früher war er auch für uns eines der sonntäglichen Ausflugsziele. Auf die Idee kamen aber damals schon schätzungsweise 4 Millionen Menschen. Wahrscheinlich muss man heutzutage Nummern ziehen.

An einem Wochentag wie dem heutigen jedoch ist’s kein Problem, die Biker kann man umschubsen, die Walker überholen. Und überhaupt grüßten alle freundlich und gut gelaunt.

Die Hitzetortur hat sich jedenfalls gelohnt. Das Dumme ist nur: Jetzt habe ich kein Ziel mehr! Die Traumpfade habe ich komplett, was bleibt mir da noch?

Hach, es gibt ja noch die Traumschleifen. Aktuell sind es 74, und es werden gefühlt täglich mehr.

Na also, her mit dem neuen Wurzelholz!

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[Die Galerie zeigt weitere Impressionen vom „Traumpfad Pellenzer Seepfad“. Die Galerie lässt sich mit den beiden Buttons unten rechts “bedienen”. SL – der linke Button – löst eine Slideshow aus, mit FS – der rechte Button – wechselt man in den Vollbildmodus. Für die richtige Anzeige der Galerie ist der Flash Player von Adobe notwendig.]

7 Comments
  • Hans-Eberhard Peters
    Posted at 13:52h, 15 Juli Antworten

    Hallo Georg,

    Dein Blog ist in aller Munde. Heute erreichte mich ein Anruf, der ging ungefähr so: “Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste … Meine Freunde laufen mir alle zu schnell … Ich hab von dem Blog „Schlenderer“ gehört … Wo schlendern die denn? Ich würde auch gern mit schlendern, das Wandern wird mir langsam zu viel! Haben Sie die Telefonnummer von der Gruppe?“
    Natürlich habe ich die Angelegenheit diskret behandelt, Du bleibst unbehelligt! Ich sehe hier allerdings eine Marktnische für Dich. Wir könnten – wenn Du willst – auch gern gemeinsam ein Franchise-Konzept entwickeln. Buchtitel „Schlendern – quick and dirty“, Pseudonym: Schlenderjahn.
    Du siehst, Deine Präsentation trägt erste Früchte.
    Gruß HE

    • Georg
      Posted at 14:02h, 15 Juli Antworten

      Es freut mich außerordentlich, dass Du mein Wirken nur sehr diskret und unter der Hand weitergibst. Gut ist es natürlich, dass das Internet für Viele noch Neuland ist, so kann ich meinen hoffentlich noch lange geheimen Aktivitäten weiter unbehelligt nachgehen. Ich sehe aber die Zeit kommen, in der mir sogar das Schlendern zu viel wird. Das von Dir angedachte Franchise-Konzept sollte also schon in der Basis-Version viel weitreichender sein. Ich erwische mich nämlich immer öfter beim ausgiebigen Stehen („verharren“ trifft es wahrscheinlich eher) gleich nach dem Aussteigen. Von „quick and dirty“ bitte ich aber abzusehen. Aus dem Alter bin ich raus, beziehungsweise das Alter habe ich noch nicht erreicht.

  • Elke Weber
    Posted at 00:15h, 21 Juni Antworten

    Danke für den schönen witzig geschriebenen Bericht und die tollen Bilder. Ich hatte viel Spaß beim lesen und erinnern. Den Pellenzer Seenpfad bin ich nämlich vor ein paar Wochen an einem warmen Sonntag gegangen und kann die Erfahrungen nur bestätigen.Habe auch viel geschwitzt und vor allem der zweite Anstieg hat es wirklich in sich. Das Stück am Laacher See habe ich damals im Höchsttempo absolviert (normal bin ich auch mehr fürs schlendern), ich war nämlich auf der Flucht vor den Menschenmassen. Sonntags ist der Laacher See wirklich nicht zu empfehlen.
    Die Traumpfadliege an der Hermann-Hütte hat mich auch begeistert. Ein wirklich schöner Platz.

    Das Schwitzen bei den Anstiegen am Pellenzer Seenpfad lässt sich übrigens noch toppen. Ich habe Montag den Traumpfad Bleidenberger Ausblicke genossen. Der Sieben Fußfälle Klettersteig mittags um eins bei 33 Grad war echt höllisch ;-)

    Herzliche Wandergrüße
    Elke

    • Georg
      Posted at 16:39h, 24 Juni Antworten

      Die Hitze macht’s halt. Natürlich könnte man mittendrin pausieren und Luft schnappen, aber bei mir ist es so, dass ich dann gar nicht mehr in den Tritt komme. Den Bleidenberger bin auch ich einmal bei genau derselben Temperatur wie Du gegangen. Unten bei den Sieben Fußfällen stand, als ich in den Weinberg kletterte, ein lustiger Winzer, der seine Kollegen durch einen Pfiff alarmierte. Einige brachten Campingstühle, einer machte ein gepflegtes Fässchen Wein auf, und dann guckten die mir zu, wie ich mich abkämpfte. Sobald ein Wandertouri wie ich in den Weinberg geht, ist da großes Hallo angesagt: “Heh, herkommen, da ist wieder ein Irrer.” Und dann großes Gelächter und Schenkelklopfen. Bei meiner Tour ist mir natürlich kein einziger Winzer im Weinberg begegnet. Die sind ja nicht irre. :-D

  • Ursula Peters
    Posted at 15:22h, 20 Juni Antworten

    Wieder mal ein köstlicher Wanderbericht, den ich mit Genuss verspeist habe! Man könnte natürlich jetzt noch mal alle Traumpfade in den verschiedenen Jahreszeiten machen, macht 104 Variationen zum Thema!
    Ganz nebenbei: ich bediene zwar den Computer, habe aber eigentlich keine Ahnung. So muss ich mich jetzt auch durcharbeiten, um endlich, endlich die beiden Buttons zu entdecken. Früher war alles viel einfacher… Aber diese Änderungen im Layout (oder wie nennt man das?) haben sicher ihre Gründe?

    • Georg
      Posted at 15:39h, 23 Juni Antworten

      Vielen Dank! Tja, wenn ich Deinen Vorschlag weiterspinne (andere Laufrichtung, vielleicht auch mal im Handstand rundum ;-) ), dann komme ich aus den Traumpfaden ja gar nicht mehr raus. Und einige der Traumpfade (wie den Bergheidenweg am Samstag) sind wir schon mehr als einmal gelaufen. Und andere Traumpfade möchte ich gar nicht mehr als einmal laufen. Welche das sind (es sind nicht viele), verrate ich nicht, denn jeder soll ja seine Erfahrungen machen.

      Das „Theme“, wie es bei WordPress heißt, wurde geändert – es ist aber das, was Du mit „Layout“ sicher auch richtig benennst. Den erklärenden Text zu den Buttons hatte ich ursprünglich zum Theme geschrieben, das ich zuvor eingesetzt hatte. Damals waren die beiden ominösen Buttons kaum sichtbar, das Theme muckte da und verschluckte sie zum Teil. Weil sie kaum erkennbar waren, schrieb ich die Erläuterung. Jetzt sind sie deutlich(er) erkennbar, jetzt verwirrt aber der erklärende Text. :-D

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