Wandern auf der Rheinschleife „Fürstenweg“ bei Neuwied (Autorin: Daniela Mohr)

Von der Sekunde an, in der ich [„Ich“ ist Daniela Mohr vom wunderbaren Mohrblog! Anmerkung von Georg] durch gewissenhaftes Stalkingverhalten eruiert hatte, dass der Autor des Wanderblogs „Der Schlenderer“ gerade mal zwei Straßen weiter weg wohnt, habe ich hartnäckig versucht, den Herrn zu einer gemeinsamen Wanderung zu nötigen. Schließlich sollte man die Möglichkeit nutzen, sich das Know-How von erfahrenen Wanderprofis abzugucken, wie ich finde. Irgendwann gingen dem Herrn Schlenderer wohl schlicht und einfach die Ausreden aus und wir verabredeten uns zum kollektiven Abmarschieren des neu angelegten „Fürstenwegs“, eines ca. 11 km langen Rundkurses, von dem ich bis dato noch nie was gehört hatte. Aber ich bin ja auch noch neu in der Szene. Mit am Start an diesem mässig sonnigen Freitagmorgen ist des Schlenderers Wandergefährte KD *) – und ich? Ich freu mich.

Als erstes lerne ich, dass Wanderschuhe tatsächlich Wanderschuhe sind und keine Autofahrschuhe oder Auf-dem-Rücksitz-Rumlümmel-Schuhe – denn das Wanderschuhwerk wird von beiden Herren erst vor Ort aus dem Kofferraumgefängnis befreit und mit den Freizeitschuhen getauscht. Ich kritzele mir fix eine Notiz in mein hirneigenes Notizbuch – das sollte ich vielleicht auch zukünftig so handhaben. Vielleicht würde der Fußraum meines Autos dann auch nicht immer aussehen wie ein matschverschmiertes Geröllfeld mit Grasbewuchs.

Nach kurzem Wortgemenge stellt sich heraus, dass keiner der beiden Wanderprofis eine Karte dabei hat, aber beide sich absolut sicher sind, den Weg zu kennen. Oder zumindest schon irgendwie zu finden. Die Forerunnerin an meinem Handgelenk piept triumphierend „Kurs gefunden!“ und es kann losgehen.

Nach ein paar Meter Feldweg zeigt „Cuddy“-KD ziemlich bestimmt auf eine Markierung am Baum. „Das ist der richtige Weg!“ Ich erkenne zwar in dem weißen „R“ auf rotem Grund nirgendwo einen Hinweis auf einen Fürstenweg als solchen und auch die Aufschrift „Rheinsteig-Rundweg“ deutet nicht zwingend auf diesen hin – aber die beiden Herren beharren darauf, das wir diesem und keinem anderen Schild folgen müssen. Also lege ich meinem Widerspruchsgeist einen Maulkorb an und trotte folgsam hinterher. Wer bin ich denn, dass ich mich mit den Altvorderen der Wanderszunft anlegen würde. Die werden wissen, was richtig ist. Und das die Forerunnerin ständig nervös „Kursabweichung!“ quäkt, ignoriere ich auch einfach – wenn das der Weg ist, dann ist das der Weg. Punkt.

Wandern auf der Rheinschleife "Fürstenweg" bei Neuwied (Autorin: Daniela Mohr)

Und der rot-R-markierte Weg ist durchaus ein hübscher und führt vorbei an blühenden Wiesen, durch lauschige Wälder und dem ganzen Zipp und Zapp. Herr Schlenderer und KD entpuppen sich als kongeniales Duo Marke Waldorf & Statler, dass sich gegenseitig im Minutentakt kleine Bosheiten an den Kopf wirft, kein gutes Haar aneinander lässt und sich vor allem niemals einig ist. Grandios. Das ist Live-Unterhaltung nach meinem Gusto.

Eine weitere und mir äußerst symphatische Beobachtung: Es wird viel gegessen! Bei den beiden Vesperpausen werden riesige Klappstullen, monströse Brötchen und reichlich Snickerse verdrückt, und ich komme mir mit meiner vergleichsweise bescheidenen Stulle fast schon ärmlich vor. Ich hatte mich morgens beim Proviantpacken extra zurückgehalten, um nicht gleich als völlernder Freßsack in Erinnerung zu bleiben – tja, und jetzt sitz‘ ich da mit meinem Bambini-Bütterken und starre den beiden Herren lechzend auf ihre Brotzeiten. Zum Glück hilft mir Cuddy (ja, ja…ich weiß…“KAAA-DEEEEH!“) großzügig mit Snickers aus.

Noch ein Pluspunkt – die beiden Wandersmänner teilen meine Vorliebe für sinnfreies Dummschwätzen und Geschichtenspinnerei (oder täuschen dies zumindest recht überzeugend vor). 3 herannahende Walkerdamen, die bei einer Futterpause forsch um die Ecke biegen, identifizieren wir blitzschnell als die berüchtigten Wiedtalripperinnen (ja, hier lohnt es sich, das Wort ganz genau zu lesen, um Verwechslungen vorzubeugen). Nur den gestrengen Blicken von Herrn Schlenderer und Cuddy ist es zu verdanken, dass die blutdürstenden Ladies von ihrem eigentlichen Vorhaben, uns zu zerstückeln und in der Wied zu versenken, ablassen und stattdessen unauffällig den Rückweg antreten. Vermutlich auf der Suche nach neuen Opfern, wo wir uns ja leider als unermordbar erwiesen haben.

 

Auf den 11 Kilometern spinnen wir uns abenteuerliche Enthüllungen über sämtliche toten und lebendigen Fürsten zu Wied zusammen, verwandeln uns kurzfristig in autistische Schweden (und wieder zurück) und lassen auch sonst so allerhand Blödsinn die Hirnrinde passieren. Wenn es das ist, was die Wander-PRO’s auszeichnet, dann kann ich mich mit der Szene durchaus anfreunden.

Ich nötige die Herrschaften mehrfach zu Selfies und dann ist der Wandertag auch schon beinahe rum. Ein Stück des (mit rotem Schild markierten Weges) wird rigoros mit „Da gehen wir nicht her! Da isses doof!“ abgelehnt und ich tapse abermals obrigkeitshörig hinterher. Wenn’s doof ist, will ich da auch nicht hin. Glaube ich.

Zum Schluß passieren wir noch einen Wunschbaum, der mit unzähligen Stoffstreifen behangen ist, auf denen Menschen ihre persönlichenn Herzenswünsche aufgeschrieben haben. Neben putzigen Anliegen wie „Ein Kaninchen, bitte“ oder „Das 007 wiederkommt“ lesen wir auch anrührende Bitten wie „Das meine Frau und meine Tochter zurückkommen“ oder „das Sarah wieder gesund wird“ oder „das Papa mehr Zeit für mich hat“. Ich schlucke ein kleines Klößchen im Hals herunter und bin mal wieder dankbar für meine eigene weitestgehende Sorgenfreiheit. Was ich wohl selbst auf so einen Wunschzettel schreiben würde? „Nudeln mit Soße“ vielleicht – das wäre jetzt fein. Und „Das Herr Schlenderer und Cuddy mich wieder zum Wandern mitnehmen“. Das auch.

 *) was die Abkürzung von „Klaus Dieter“ ist und nicht (wie von mir anfänglich angenommen) ein liebevoller Kosename , der „Cuddy“ geschrieben wird

 

 

3 Comments
  • Blumenmond
    Posted at 05:55h, 02 Juni Antworten

    Hallo Herr Schlenderer, hallo Frau Mohr!

    da bin ich, rübergehüpft von Frau Mohr und bin mal wieder sehr amüsiert. Was man auf 11km alles erleben kann, ist erstaunlich. Ob es nun der richtige Weg war (obwohl der FR protestiert hat und an den halte ich mich ja immer tunlichst), weiß ich jetzt aber noch nicht.

    Ich schau mal öfters vorbei.

    Gruß
    Anja

  • midLAUFcrisis
    Posted at 09:14h, 01 Juni Antworten

    Eine sehr amüsanter Beitrag. Wanderer lieben die Kommunikation und eine gute Brotzeit unterwegs. Ich bin also keine Außenseiter, wenn ich die Wanderschuhe schnüre. ;)

    Danke Daniela, für den Tipp mit diesem Blog.

    Viele Grüße
    Rainer

  • Elke
    Posted at 20:43h, 31 Mai Antworten

    Also eines habt ihr mir wirklich voraus, der KG und du Daniela und das ist skurile Fantasie. Meine Herren, da hätte ich vor Staunen die Klappe nicht mehr zu bekommen.
    Tolle Beschreibung eurer Wanderung

    LG Elke

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